Die Entscheidung dafür, vegetarisch oder vegan zu leben, kann sehr vielseitig ausfallen und ist dabei häufig durch den Wunsch motiviert, einen größeren Beitrag zum Tierwohl, zur Agrarwende, zum Klimaschutz, zur Ernährungssicherheit und/oder gegen die Globalisierung zu leisten. Oder es geht um gesunde Ernährung. Es kann auch sein, dass es einfach leckerer ist. Diese Themen werden vielfach ausführlich diskutiert. Aber was haben Bäckereien damit zu tun?
Eine Bäckerei-Filiale steuert man auch gern einmal an, wenn man unterwegs ist und der kleine Hunger einen herzhaften oder süßen Snack erfordert. Für Vegetarier:innen/Veganer:innen ist die entsprechende Auswahl bei Bäckereien meist vielseitiger und leckerer als bei vielen Imbissen oder Fast-Food-Ketten. Als „Probe-Veganer“ habe ich im Januar jedoch die eine oder andere Bäckerei mit leerem Magen verlassen (sonst hätte ich dort ein trockenes Brötchen kaufen müssen). Immerhin weiß das Verkaufspersonal meist genau Bescheid, was vegan ist oder nicht.
Veganer:innen sind sicher eine wachsende Zielgruppe. Und vermutlich sind gerade vegane Snacks noch eine Marktlücke. Hilfreich wäre schon eine deutlichere Kennzeichnung des Angebotes mit einem Veggie-V und/oder eine von außen sichtbare Bewerbung des veganen Angebotes.
Mit Blick auf die Rohstoffe ist es für Bäckereien vermutlich ein interessanter Aspekt, dass ca. 1/3 der weltweiten Getreideproduktion bei der Futtermittelherstellung verbraucht wird. Eine abnehmende Nachfrage nach Fleisch- und Wurstwaren käme daher vermutlich indirekt auch dem Bezugspreis für Mehl zugute. Somit hat ein Bäckereibetrieb die Möglichkeit – wenn auch nur indirekt rückgekoppelt –, durch seine Produkte auch die Rohstoffpreise positiv zu beeinflussen.
Ein anderer interessanter Aspekt ergibt sich aus energetischer Sicht: Bei der Mehlherstellung fallen in Mühlen ca. 20 % der verarbeiteten Getreidemenge als Reststoffe an. Diese Reststoffe aus Spelzen, Stäuben etc. werden i. d. R. zu Pellets gepresst und Futtermittelhersteller:innen verkauft. Diese Pellets sind jedoch auch als Brennstoff geeignet -im Gegensatz zu pelletiertem Rückbrot, bei dessen Verbrennung durch den Salzgehalt giftige Dioxine entstehen können.
Es ist ein bemerkenswerter Zufall, dass der Energiegehalt dieser Reststoffpellets von ca. 4 bis 5 kWh/kg ziemlich genau die Wärme liefern würde, die in gut ausgelasteten und effizient betriebenen Backöfen benötigt wird, um die zugehörige Mehlmenge zu Broten und Brötchen zu backen. Laut Auswertungen des Klima Kontors von 2018-2022 liegt der spezifische Verbrauch der Öfen in effizienten Betrieben bei ≈ 1 kWh/kg Mehl. Wenn aus der Mühle je kg/ Mehl ca. 250 g Reststoffpellets geliefert werden, setzen sie bei der Verbrennung genau diese 1 bis 1,25 kWh/kgMehl frei. Die Mühle könnte somit neben dem Rohstoff die Energie zum Backen liefern.
Voraussetzung ist eine geeignete Feuerung der Öfen, wie eine Thermoölanlage mit Pelletfeuerung oder ein Pellet-Ringrohrofen. Und der Abnahmepreis für die Reststoffpellets muss voraussichtlich mindestens genauso hoch sein wie der von den Futtermittelhersteller:innen gezahlte Preis. Und damit schließt sich der Kreis zum Vegetarismus/Veganismus: weniger Fleischkonsum -> weniger Tierhaltung -> weniger Futtermittel -> geringerer Preis für Reststoffpellets.
Hier das Fazit
Klima-Kontorist & Nachhaltigkeitsexperte